„Wir sind die Roboter“ – sowohl musikalisch als auch inhaltlich setzte die Avantgarde-Band Kraftwerk mit dem gleichnamigen Song Maßstäbe. Mit großer prophetischer Kraft schilderten die Düsseldorfer bereits 1978 ein Szenario, das nunmehr Realität wird. Denn der Vormarsch der Roboter, so eine Untersuchung des McKinsey Global Institute [PDF], wird vor allem hierzulande einen massiven Einfluss auf die Arbeit haben. Bis zum Jahr 2030 sollen demnach 24 Prozent der Arbeitsstunden durch Automatisierung wegfallen. Damit liegt Deutschland noch vor den USA (23 Prozent), China (16 Prozent) und Indien (neun Prozent). Doch diese 24 Prozent sind längst noch nicht das Ende der Fahnenstange.
Denn schaut man darauf, woher diese Automatisierung nach heutigen Maßstäben rührt, kommt oftmals Robot Process Automation (RPA) zum Tragen. Eine aktuelle Studie von ISG berichtet, dass Unternehmen ihre Geschäftsprozesse durch die Anwendung von RPA bis zu zehn Mal schneller realisieren können und dabei durchschnittlich 37 Prozent weniger Ressourcen benötigen. Die so erzielten Produktivitätsgewinne führen der Studie zufolge nicht zu Jobverlusten, sondern versetzen die Unternehmen in die Lage, ihre Mitarbeiter anderweitig einzusetzen: für höherwertigere Aufgaben und größere Arbeitsvolumen. In Zahlen ausgedrückt: Die ISG-Daten zeigen, dass die durchschnittliche Verringerung des „Full-time Equivalent“ (FTE) in Bestellprozessen (Rechnungslegung, Zahlungszuordnung, Gutschriften, Geldeinzug, Preisermittlung) bei 43 Prozent und in Personalprozessen (Lohn und andere Bezüge, Recruiting- und Talentmanagement, Systeme des Lieferantenmanagements) bei 32 Prozent liegt.
Die Consultants der ISG berichten aber auch, dass erst der zusätzliche Einsatz von Cognitive Computing die Automatisierung in ganz neue Höhen schraubt. Die Verwendung dieser Technologien stünde in den meisten Unternehmensfunktionen zwar erst noch am Anfang. Doch es sei nur eine Frage der Zeit, bevor die zum Alltag wird. Sobald dies der Fall sei, würden Unternehmen durch den stetigen Ausbau ihres digitalen Personals sogar noch wesentlich höhere Produktivitätslevels erreichen. „Diese neue Art des Arbeitens, die eine Partnerschaft zwischen Menschen und Robotern hervorbringt, wird im kommenden Jahrzehnt für Unternehmen der Ausgangspunkt für zahlreiche Wettbewerbsvorteile sein“, so ISG.
Und in der Tat: Durch RPA lassen sich alltägliche Prozesse automatisieren. Indem Anwender beispielsweise strukturierte Daten in eine andere Datenbasis überführen. Eben diejenigen Prozesse, die von McKinsey beispielsweise unter „Bestellwesen“ zusammengefasst werden. Hier geht es vor allem darum, manuelle Eingaben zu reduzieren und Dokumente oder Teilausschnitte daraus z. B. von Lösung A zu Software B zu kopieren. Der maximale Automatisierungsgrad lässt sich indes nur dann realisieren, wenn neben den strukturierten auch unstrukturierte Daten mit in diese Prozesse integriert werden können und die Softwarelösungen in der Lage sind, aus beiden Quellen einen strukturierten Output zu generieren. Dazu muss die RPA durch KI-basierte Systeme mit Cognitive Automation ergänzt werden. Hier kommen menschliche Verständnismuster zum Einsatz, die sowohl strukturierte als auch unstrukturierte Informationen aus unterschiedlichsten Quellen interpretieren und Prozesse dadurch automatisieren. In der Praxis kann dies eine DSGVO-bedingte Anfrage eines Kunden auf Herausgabe seiner Daten sein. Klassische RPA eignet sich dafür nicht immer. Denn mal können die Kundendaten strukturiert vorliegen, mal als Scan, Bild oder Datenkombination. Und erst die RPA mit kognitiven Fähigkeiten bringt hier die notwendige Verlässlichkeit in der Automatisierung, so dass kein manueller Zugriff mehr vonnöten ist.
Kognitive Chatbots kommen auf
Ähnlich wie die Entwicklung im Bereich RPA voranschreiten wird, so werden auch im Kundenservice sowie im Kundenmanagements Fortschritte erzielt. Das liegt daran, dass sich Chatbots weiterentwickeln. Weg von plumper Mustererkennung hin zu einem tatsächlichen Verständnis. Erst wenn der Bot Sprache annähernd wie ein Mensch versteht, ist er tatsächlich in der Lage, eine echte Serviceleistung zu erbringen. Auch hier bilden Cognitive Computing und Künstliche Intelligenz einen Meilenstein. Der Chatbot muss die Inhalte semantisch erfassen und daraus entsprechend die Antworten ableiten. Dafür benötigt es Wissensdatenbanken und kognitive Technologien, dank derer der Chatbot kontinuierlich geschult werden kann.
Cognitive Computing als persönlicher Assistent
Bestes Beispiel ist der Bereich E-Commerce: Warenkorb-Abbruchraten von bis zu 80 Prozent sind hier keine Seltenheit. Das kann ganz profane Gründe haben, etwa, dass eine bestimmte Größe oder Farbe nicht vorhanden ist. Aber die Abbrüche können auch vielschichtige Ursachen haben, die einer individuelleren Ansprache bedürfen. Deshalb werden immer mehr Unternehmen kognitive Lösungen als Assistenzsysteme für ihre Mitarbeiter verwenden. Diese können dann im Hintergrund Daten über sämtliche Kontaktpunkte der Kunden sammeln und auswerten. Das hat einen enormen quantitativen Vorteil, sodass selbst Unternehmen mit mehreren tausend Kunden davon profitieren können. Darüber hinaus kommt es auch zu qualitativen Verbesserungen. Durch die Fähigkeit des KI-gestützten Cognitive-Computing-Systems, Zusammenhänge herzustellen und Wissen zu erlangen, kann das System autonom Aktionen auslösen. Etwa, indem es dem Sachbearbeiter mittels eines Ampel-Systems eine Dringlichkeit avisiert: „Bitte kümmere Dich in den nächsten zwei Stunden um den Kunden XY, ich sehe ein Risiko.“
Cognitive Computing erreicht immer mehr Branchen
Ob Gesundheitswirtschaft im Allgemeinen oder die spezielle Genom-Forschung. Oder ein zeitgemäßes Personalmanagement – Künstliche Intelligenz und Cognitive Computing werden bereits im kommenden Jahr in immer mehr Branchen zum Einsatz kommen. Beispielsweise helfen unstrukturierte Daten Unternehmen dabei, ihren Erkenntnisgewinn beschleunigen. Sei es bei der medizinischen Forschung oder beim Finden von neuen Fachkräften im „War for Talents“. Ihre Mitarbeiter allein sind dazu aufgrund von Ressourcenknappheit längst nicht mehr in der Lage. Sie müssen ihre Kräfte gezielter einsetzen und erfahren durch entsprechende Cognitive-Computing-Lösungen wertvolle Unterstützung. Das heißt, die Systeme sind längst nicht mehr auf den reinen Back-Office-Einsatz beschränkt und ermöglichen bereits 2019 zahlreiche neue Einsatzszenarien. www.bigdata-insider.de