Rehm Thermal Systems produziert nicht nur High-End-Lötsysteme für die Elektronikfertigung, sondern auch sehr flexible Dispenssysteme, welche individuell an Kundenwünsche angepasst werden können.
Auch in der Medizintechnik wächst der Kostendruck stetig. Dies hat zur Folge, dass insbesondere Kleinserien, die in der Vergangenheit oftmals noch manuell gefertigt wurden, nun auch durch einen vollautomatisierten Prozess realisiert werden. Dies bringt gleich mehrere Vorteile mit sich: Hierzu zählen sowohl die reduzierte Taktzeit, die gesteigerte Prozesssicherheit durch den Wegfall eines manuellen Eingriffs wie auch die gesicherte Rückverfolgbarkeit sämtlicher prozessrelevanter Parameter.

Schon lange werden die Reflowlötsysteme von Rehm Thermal Systems nicht nur im Consumerbereich, dem Bereich Aerospace oder auch im Automobilsektor verwendet, sondern auch in der Medizinbranche. Die Anforderungen der High-End-Elektronikfertigung und der Medizinbrache sind in vielen Bereichen sehr identisch. So wird in beiden Bereichen eine 100-prozentige Rückverfolgbarkeit eines jeden Produktes gefordert, wie auch die vollständige Überwachung und Dokumentation aller prozessrelevanter Parameter.
Mit dem überarbeiteten Dosiersystem Protecto stellt Rehm Thermal Systems nun ein System vor, das sehr flexibel an individuelle Kundenwünsche angepasst werden kann. Hierzu stehen je nach Anwendungsfall verschiedene Applikatoren zur Verfügung. Da in der Medizinbrache verstärkt UV- und Cyanacrylat-Klebstoffe Anwendung finden, ist es wichtig bei der Applikatorentechnik ein paar Besonderheiten zu beachten. So bietet etwa ein Membranventil den Vorteil, dass es bei entsprechender Konfiguration ohne einen schädlichen Kontakt des Klebstoffs mit metallischen Kontaktflächen auskommt. Zusätzlich bietet es den Vorteil, dass es sehr wartungsarm und kostengünstig ist.
Membranventile gehören zu der großen Gruppe der Zeit/Druck gesteuerten Ventile (Abb. 1). Der unter Druck stehende Klebstoff (1) steht dabei vor einer durch eine spezielle Membran verschlossenen Bohrung (2) an. Sobald der Applikator mit Druckluft beaufschlagt wird, heben sich die Membran sowie die Feder (4) an und geben die Bohrung frei. Nun kann der Klebstoff durch die Austrittsnadel (5) auf das Produkt appliziert werden. Sobald die Druckluft wieder deaktiviert wird, verschließt die Feder mit Hilfe der Membran die Bohrung und der Materialfluss wird unterbrochen. Über eine Rändelmutter am Kopf (6) des Applikators kann manuell der Hub des Ventils und dadurch der Materialfluss eingestellt werden.

Exenderschneckenventil
Im Bereich der Medizintechnik finden Membranventile vor allem Anwendung beim Applizieren von Cyanarylaten. Hierbei empfiehlt sich die Verwendung von Dosiernadeln mit innenliegender PFTE-Führung. Durch die geringe Oberflächenspannung kann ein Anheften von Materialrückständen sowie ein besserer Fadenabriss erreicht werden.
Weitere vielfach verwendete Applikatortypen in der Medizinbrache sind volumetrische Dosierventile. Diese bieten den großen Vorteil, dass sie sehr gleichmäßig, pulsationsfrei und sehr reproduzierbar unabhängig von eventuellen Druck- oder Viskositätsschwankungen arbeiten.
Exenderschneckenventile (Abb. 2) gehören zur Gruppe der volumetrischen Dosiersysteme. Der zu applizierende Klebstoff steht unter einem Vordruck am Applikator (1) an. Durch einen Exenterschneckenrotor (2), der über eine elektrische Dreheinheit (4) angetrieben wird, wird in Verbindung mit einem Elastomerstator (3) das zu dosierende Material durch eine Drehbewegung zur Düsenmündung gefördert. Da der Rotor auch rückwärts angesteuert werden kann, ist am Ende eines Applikationsvorgangs ein Rückzugseffekt und dadurch ein sauberer Fadenabriss sowie ein undefiniertes Tropfen sicher verhindert. Diese Applikatoren können sowohl für nieder- wie auch hochviskose Materialien eingesetzt werden.
Dispensen und Härten in einem Arbeitsgang
Die immer breitere Akzeptanz von UV-Klebstoffen am Markt hat dazu geführt, dass es inzwischen eine Vielzahl an verschiedenen Härtesystemen für UV-Klebstoffe gibt. Rehm Thermal Systems bietet hierzu unter anderem die Möglichkeit an, die UV-Quelle direkt in die Dosierzelle zu implementieren. Hierdurch lässt sich der Prozess des Dosierens und Härtens innerhalb einer Anlage realisieren und entsprechend Standfläche einsparen. Da jeder Klebstoff einen spezifischen Photoinitiator, welcher mit der richtigen Wellenlänge angesprochen werden muss um die Vernetzung und damit die Härtung des Klebstoffes zu aktivieren, beinhaltet, gibt es die UV-Quelle mit den spezifischen Wellenlängen von 365, 385 und 400 nm.
Um sowohl während des Dosiervorgangs wie auch für die Rückverfolgbarkeit eines jeden Produktes gewährleisten zu können, dass innerhalb der definierten Toleranzen gefertigt wird, steht eine Vielzahl an Optionen zur Prozesskontrolle zur Verfügung. Hierzu zählt etwa die optional erhältliche Wägezelle mit einer Auflösung von 1 mg. Mit Hilfe der Wägezelle kann ein variabler Prüfungszyklus für die Überprüfung des Dosiervolumens festgelegt werden.
Um einen eventuellen Versatz der Düsennadel in X, Y oder Z automatisch zu korrigieren, besteht die Möglichkeit, die Position der Nadelspitze im Raum über ein Nadelmesskreuz vollautomatisch zu detektieren und für das entsprechende Dosierprogramm automatisiert zu verrechnen. Hierdurch muss bei einem Dosiernadelwechsel keine neue Position manuell eingelernt werden. Dies passiert vollautomatisch.
Über das verbaute Kamerasystem besteht die Möglichkeit einer Lageerkennung des zu applizierenden Bauteils mit automatisierter Nachführung des entsprechenden Dosiervorgangs. Weiter kann es dazu verwendet werden, um etwa in einem Warenträger zu detektieren, ob alle Plätze voll bestückt sind oder ob z.B. ein Platz unbestückt ist und dort kein Dosiervorgang notwendig ist. Zusätzlich kann eine Datamatrix oder auch eine Seriennummer über das Kamerasystem eingelesen werden und hierdurch die Prozessparameter einer definierten Baugruppe zugeordnet werden.

Aber nicht nur die Prozesssicherheit sowie die Flexibilität stand beider Weiterentwicklung des Dosiersystems Protecto im Vordergrund, sondern auch die Aspekte Maschinen- und insbesondere Personensicherheit. Um die steigenden Sicherheitsanforderungen in diesem Bereich erfüllen zu können, werden alle Dosierzellen der Firma Rehm Thermal Systems mit einer Sicherheits-SPS ausgeliefert. Dies führt dazu, dass die Anzahl der verbauten elektrischen Komponenten deutlich reduziert werden konnte.
Aufwendige elektrische Verschaltungen aus teils redundanten Schaltkreisen entfallen, da sie direkt über die Sicherheits-SPS geschaltet werden können und trotzdem das geforderte Sicherheitsperformance-Level erreichtwird.Das reduziertnichtnurdie Ausfallwahrscheinlichkeit der verbauten elektrischen Komponenten, sondern ermöglicht zudem, komplexe Verschaltungen relativ simpel direkt auf der SPS zu programmieren.
Insbesondere für die Personensicherheit bringt diese Einführung ein erhebliches Maß an Sicherheit. In der Praxis ist es teils immer noch gang und gebe, dass insbesondere zum Erstellen von Dispensprogrammen Sicherheitseinrichtungen manipuliert werden, um einen besseren Blick direkt auf das Produkt zu erhalten.

Um diese in der Praxis teilweise notwendige Vorgehensweise sicher und normkonform für den entsprechenden Maschinenbediener auszuführen zu können, bietet Rehm Thermal Systems in der Protecto zukünftig die Möglichkeit einer sicheren Achsbewegung bei geöffneter Schutztüre. Hierzu steht ein optional erhältlicher Zustimmtaster zur Verfügung, welcher es ermöglicht, auch bei geöffneter Schutzhaube bei langsamer Achsbewegung einen direkten Blick auf das Produkt zu ermöglicht.
Autor:

(B. Eng)
Website: www.rehm-group.com