In Teil 3 unserer Start-Up-Serie schauen wir uns die Möglichkeiten an, die Life Science Venture Capital Fonds für Start-Ups bieten. Stetig wachsende Volumina bieten hier interessante Chancen.

ie COVID-19 Pandemie und die Suche nach geeigneten Impfstoffen, Medikamenten und Diagnostika hat schlagartig Life Science Start-Ups als potenzielle Problemlöser ins Rampenlicht gerückt. Der Mittelzufluss in deutsche Life Science Start-Ups ist von 1,1 Mrd. Euro in 2019 auf 3 Mrd. Euro in 2020 angewachsen. Aber auch im Bereich Telemedizin und e-Health haben sich in Deutschland in 2020 neue Venture Capital (VC) Fonds etabliert.
Fondsvolumen wird größer
Das Volumen von Follow-Up Fonds von etablierten deutschen und europäischen Life Science VC Gesellschaften ist weiter gestiegen. Einige erfolgreich geschlossene Fonds sind im Folgenden aufgelistet:

Die großen Fondsvolumina sind notwendig, um die teure Entwicklung von neuen Medikamenten, z.B. in der Immunonkologie oder bei Autoimmunerkrankungen, zu finanzieren. A-Finanzierungsrunden im Biotechnologiebereich in Höhe von 50 – 60 Mio. Euro sind heute keine Seltenheit mehr. Die 270 Mio. USD, die BioNTech für die A-Runde in 2018 eingeworben hat, sind aber sicherlich die Ausnahme.
Spezialisierung der Fonds nimmt zu
Das ein neuer Fonds heute alle Life Science Bereiche – Drug Development, MedTech, Diagnostik und e-Health – abdeckt, ist eher unwahrscheinlich. Fonds spezialisieren sich in ihrem Investmentbereich immer mehr.
Einige Beispiele: LSP 6 investiert in Drug Development und MedTech Projekte, Forbion V nur in Drug Development Projekte. Der Seventure Health for Capital II Fonds fokussiert auf Microbiom Projekte, der Apollo Healthcare Venture Fonds auf Alterserkrankungen und das Thema Langlebigkeit. SHS investiert mit dem neuen Fonds in fortgeschrittene MedTech und e-Health Projekte, der neue Fonds von 415 Capital Management investiert innerhalb der Medizintechnik schwerpunktmäßig in kardiovaskuläre Projekte.
Das Thema e-Health und Digitalisierung im Gesundheitswesen hat einen neuen Hype bei Life Science VC Fonds und Investoren ausgelöst. Aus deutscher Sicht erfreulich ist, dass mit Heal Capital und Digital Health Ventures gleich zwei dezidierte e-Health Fonds in 2020 an den Start gegangen sind.
Seed-Runden Investoren werden wenigerSchaut man sich die Homepages der Life Science Venture Capital Fonds an, gibt es immer weniger Fonds, die bereits in der Seed-Runde dezidiert als Investoren fungieren. Die allermeisten Fonds beginnen ihr Investment in der Early Stage Phase; sprich sie beteiligen sich erst ab der A-Runde. Das bedeutet für die Life Science Start-Ups, dass bei Drug Development Projekten mindestens die Präklinik erfolgreich abgeschlossen sein muss, bei MedTech Projekten sollte ein Prototyp vorliegen. Für die Finanzierung der Seed Phase werden daher öffentliche Investoren und Corporate Venture Funds immer wichtiger. Life Science Start-Ups sollten in Deutschland versuchen, in der Seed Phase Geld über die EXIST-Förderung oder die KMU-Programme einzuwerben, um das eigene Projekt weiterzuentwickeln, bevor man sich an VC-Finanzierer wendet und in der Seed Phase eine Absage erhält mit der Begründung, dass das Projekt in einem noch zu frühen Stadium für den Fonds sei.
Auch Inkubatoren wie Evotec Bridge, der Bayer CoLaborator, BioMed X etc., können für Start-Ups in dieser Phase sehr hilfreich sein. Das Thema der Life Science Inkubatoren in Deutschland wurde ausführlich im EY Biotechnologie-Report 2020 beleuchtet.
Deutsche Life Science Venture Capital Fonds und Investoren nehmen wieder zu
Wie bereits dargelegt, ist im Jahre 2020 ist ein deutlicher Aufwind für Life Science Investments in Deutschland zu sehen. TVM, Wellington und SHS konnten in 2019/20 ihre neuen Fonds erfolgreich closen, weitere etablierte institutionelle Fonds, wie EMBL Ventures oder Earlybird Health, sind im Fundraising. Die MIG Verwaltungs AG hat den MIG 16 Fonds mit einem Zielvolumen von 160 Mio. Euro aufgelegt, der neben dem Life Science Bereich auch in Tech Projekte investiert. Mit 415 Capital Management, Heal Capital, Digital Health Ventures und Apollo Healthcare Ventures sind vier neue Life Science Fonds in 2020 in Deutschland hinzugekommen. Neben diesen Fonds gibt es eine Reihe weiterer deutscher Venture Capital Investoren mit Family Offices als Kapitalgebern, die auch in Health oder Digitalisierungsprojekte im Life Science Bereich investieren. Zu nennen sind Yabeo, Ananda Impact Venture, econa, ELSA etc. Im Corporate Venture Capital Bereich sind weiterhin der Merck Ventures Fund und der Boehringer Ingelheim Venture Fonds aktiv.
Fazit
Das Investmentvolumen der Life Science Venture Capital Fonds wird größer, die Spezialisierung innerhalb der Life Science Venture Capital Investoren nimmt immer mehr zu, für Projekte in der Seed Phase wird es schwieriger, in Deutschland institutionelle Investoren zu gewinnen.
Anders sieht es bei e-Health oder Digitalisierungsprojekten aus. E-Health Projekte sind leichter zu verstehen als z.B. Drug Development Projekte, der Kapitaleinsatz ist geringer, die Entwicklungszeit ist kürzer und das Entwicklungs- und Vermarktungsrisiko überschaubarer. Erfreulich ist, dass in Deutschland im Jahre 2020 gleich zwei neue Venture Capital Fonds an den Start gegangen sind, die dezidiert in e-Health und Digitalisierungsprojekte im Gesundheitsbereich investieren.
Autor:
Dr. Michael Thiel
Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 4/2021 der MEDengineering.