Krebspatienten müssen warten

In der Diagnostik und Therapie vieler Erkrankungen sind Radionuklide heute unverzichtbar. Dennoch können sich viele Menschen kaum etwas darunter vorstellen. Erst anhand konkreter Beispiele wird die Dramatik einer instabilen Versorgung deutlich, z. B. wenn eine Brustkrebsoperation nicht durchgeführt werden kann oder sich die Radionuklidtherapie bei einem Krebspatienten verzögert, der sonst keine weiteren Behandlungsoptionen mehr hat.
Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, führte die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin am 20. April 2023 im Rahmen ihrer 61. Jahrestagung in Leipzig eine Fokusveranstaltung durch. Zu Beginn wurden drei Impulsreferate gehalten, u.a. von dem Patienten Steffen Olbrich, der selbst von einem Lieferengpass betroffen war: „Meine Lutetiumtherapie musste plötzlich verschoben werden. Das kann ich mir als Krebspatient aber nicht leisten. Mir läuft die Zeit davon.“
Auf der sich anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Vertreter der Nuklearmedizin, des Bundesgesundheitsministeriums, eines Forschungsreaktors in Deutschland, der Radiopharmazie und des Berufsverbands über die aktuelle Situation und Lösungsmöglichkeiten. Prof. Dr. Markus Luster, Präsident der DGN, spricht von einem wachsenden Zeitdruck: „In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Versorgungsengpässen. Das wundert nicht: Die Produktionsanlagen sind zum Teil 60 Jahre alt und werden nicht jünger. Wir müssen schnellstens Lösungen finden.“
Radionuklide werden in sog. Forschungsreaktoren produziert. Von diesen gibt es weltweit nur sechs, die schon heute dem Bedarf an Radionukliden kaum gerecht werden. Aufgrund von Wartungen, technischen Störungen, unterbrochenen Lieferketten oder regulatorischen Beschränkungen kommt es immer wieder zu Lieferproblemen mit für die medizinische Versorgung notwendigen Radionukliden. Zugespitzt bedeutet dies: Krebspatienten können sich nicht darauf verlassen, dass ihre Diagnostik oder Therapie auch morgen noch möglich ist.
Die Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass Produktions- und Lieferprozesse optimiert werden müssen. Auch die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Entwicklung alternativer Herstellungsverfahren wurden als wichtige Maßnahmen genannt. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass eine stabile Versorgung mit Radionukliden für Tumorpatienten von entscheidender Bedeutung ist“, betonte Prof. Dr. med. Luster. „Wir müssen alle an einem Strang ziehen, damit die Patienten nicht auf der Strecke bleiben.“
Die Fokusveranstaltung „Unversorgte Tumorpatienten am Ende der Lieferkette?“ fand im Congress Center Leipzig, Saal 1, Seehausener Alle 1 in Leipzig statt und richtete sich an Fachleute aus dem Bereich der Onkologie und Nuklearmedizin sowie an Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft.
Quelle: Alesco Concepts