Klee-Preis 2021 von VDE DGBMT und Stiftung der Familie Klee geht an Dr.-Ing. André Hemmler aus Ulm

Für seine Dissertation „In-Silico Endovascular Repair of Abdominal Aortic Aneurysms” bei Prof. Michael W. Gee an der TU München hat Dr.-Ing. André Hemmler den mit 5.000 Euro dotierten Klee-Preis 2021 von der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE DGBMT) und der Stiftung der Familie Klee erhalten. In seiner Arbeit hat der Wissenschaftler aus Ulm numerische Methoden und Simulationsmodelle entwickelt um den Ausgang einer endovaskulären Versorgung von abdominalen Aortenaneurysmen vorherzusagen.
Für den Erfolg der endovaskuläre Aneurysmenreparatur (EVAR) ist eine präzise OP-Planung notwendig. Die gute Vorhersagequalität macht die von ihm präsentierten Modelle daher sehr vielversprechend für die zukünftige Verwendung mit möglicherweise einer Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Sie können über den Erfolg oder das Scheitern der OP entscheiden.
In seiner mit „Summa cum laude“ bewerteten Dissertation hat Hemmler wichtige Schritte auf dem Weg zur Verwendung von simulationsbasierten Modellen im klinischen Alltag aufgezeigt.
Abdominales Aortenaneurysma – eine tickende „Zeitbombe“
Ein Aneurysma ist eine ballonartige „Aussackung“ der Wand von Blutgefäßen, meist Arterien. Aneurysmen entstehen an Schwachstellen in der Gefäßwand und können angeboren sein oder erst im Laufe des Lebens entstehen. Am häufigsten betroffen ist die Bauch-Aorta, das sog. abdominalen Aortenaneurysma (AAA). Das Risiko einer in den meisten Fällen tödlichen AAA-Ruptur steigt mit zunehmendem Durchmesser des Aneurysmas drastisch an. Bei einer Ruptur drohen lebensgefährliche Blutungen. Wird ein Aneurysma rechtzeitig erkannt, wird daher eine präventive operative Therapie vorgenommen um eine drohende AAA-Ruptur zu vermeiden.
Etablierte Techniken für die präventive operative Therapie sind die klassische offene Operation der Bauch-Aorta oder die mittlerweile deutlich bevorzugte EVAR. EVAR ist ein minimal-invasiver Eingriff bei dem durch einen Zugang über die Leistenarterien ein sog. Stentgraft eingebracht wird, welcher das Aneurysma schützt und die Ruptur verhindert. Ein Stentgraft ist die Kombination aus einem stabilisierenden Drahtgeflecht, dem sog. Stent und einem künstlichen Blutgefäß aus Kunststoff. EVAR ist gegenüber der offenen Operation für den Patienten deutlich schonender und hat daher deutlich bessere kurzfristige Erfolgsstatistiken. Jedoch besitzt EVAR vergleichsweise höhere Komplikationsraten und ist nicht bei allen AAA Geometrien anwendbar. Welches Verfahren für den Patienten das Beste ist, hängt unter anderem von anatomischen Faktoren und Begleiterkrankungen ab und muss individuell entschieden werden.
Hemmler entwickelt deutlich präzisere Operationsplanung bei der EVAR
Die EVAR ist eine immense Herausforderung für das Operations-Team. Etwa durch die hohen Komplikationsraten aufgrund der angewandten Operationsmethode sowie dem komplexen und stark erfahrungsbasierten Planungsprozess vor der OP. Der langfristige Erfolg des Eingriffs hängt dabei im Wesentlichen von dessen präziser Planung ab, wie etwa der Auswahl einer passenden Stentgraftprothese. Simulationsmodelle, die auf die individuellen Gegebenheiten der Patienten eingehen gehören zu den vielversprechendsten Ansätzen für geeignete Prognosewerkzeug Mit ihnen können die präoperativen Planungen optimiert und damit die Komplikationsraten der EVAR langfristig gesenkt werden.Hemmler hat in seiner Dissertation numerische Methoden und Simulationsmodelle entwickelt, um den Ausgang einer endovaskulären Versorgung von abdominalen Aortenaneurysmen vorherzusagen. Diese Modelle werden mithilfe von patientenspezifischen Daten validiert. Dazu werden die Simulationsergebnisse qualitativ und quantitativ den realen postoperativen CT-Daten gegenübergestellt. Basierend auf den validierten Methoden und Modellen werden von Hemmler konkrete Beispiele aufgezeigt, wie diese im klinischen Alltag angewendet werden können. Diese Anwendungen umfassen unter anderem die prädiktive, also vorhersagbare Wahrscheinlichkeitsabschätzung von Komplikationen, die auf mechanischen und geometrischen Kenngrößen basiert. Ferner ermöglichen diese vom Klee-Preisträger neu entwickelten Modelle eine objektivere und optimierte Stentgraftauswahl aus dem Portfolio der marktgängigen Stentprothesensysteme. Nicht zuletzt auch die Auswahl des ansonsten nur schwer abschätzbaren optimalen Stentgraftdurchmessers für den individuellen Patienten. Darüber hinaus demonstriert Hemmler in einem numerischen Konzeptnachweis den Vorteil hochgradig individualisierter Stentgrafts in Patienten mit anspruchsvoller Aortenbeschaffenheit.
Quelle: www.vde.com